Bericht zum RealBridge Turnier vom 27.Februar 2022

Nun schon zum dritten Mal veranstaltete der Bridgeverband Westfalen ein Real-Bridge-Turnier nur für die Mitglieder seines Verbandes. Es kamen an diesem sonnigen Sonntag 19 Paare zusammen, kurzfristig wurden noch ein paar Paare aus Einzelanmeldungen gebildet, und dann ging es unter Leitung von Wolfram Rach auch schon los.

Leicht favorisiert war das einzige Paar aus der 3. Bundesliga, die Münsteraner Benedikt Wiemeyer und Volker Hund-Schulze, doch bei denen lief es das ganze Turnier über nicht so richtig. So machten vor allem die restlichen Ligapaare mit Regionalliga-Erfahrung den Sieg unter sich aus. Gereicht hat es am Ende für die Osnabrücker Thomas Hof und Armin Tischler, die ersten vier Paare lagen aber alle innerhalb von 3%, das vollständige Ergebnis hängt unten an.

Über den Link auf dem Ergebnis kann man auch alle Privatscores, Reizen und Spielverläufe noch einmal anschauen.

Zu den Boards, es waren einige wilde Hände unterwegs. Vor allem die Treffs lagen ständig krumm. Da brauchte man nicht auf 3-3-Verteilungen zu hoffen, man musste sich nur fragen, wer denn beim Gegner diesmal wohl die Chicane hat. Hier eine dieser Hände, allerdings war hier die Treff-Chicane nicht so sehr entscheidend. Dafür ging es um Blattbewertung und gute Blattbeschreibung.


West eröffnet normalerweise mit 2 Pik als Weak-2. Ich würde mit Nord nicht reizen wollen, trotz der Chicane, weil man ja in Gefahr ziemlich hoch kommt. Mit 3 Karo (schlechte Farbe) anzufangen ist doof, 3 Treff zeigt aber die Farben im Zweifelsfall falsch herum (und wird hier schnell zur Katastrophe). 2 SA wäre in aller Regel natürlich und stark, also wäre 4 SA die einzige, wirklich korrekte Blattbeschreibung. Nun tauschen wir ein paar Karten von Ost und Süd, dann kämpft Nord dafür mit -4 davon zu kommen, wobei man ja ab -2 schon die Null sicher hat.

Also besser passen, dann sollte Ost sperrend in 4 Pik springen, was West auch als (möglicherweise) schwachen Sprung alertieren sollte. An mehr hat Ost kein Interesse, an weniger auch nicht, also sperren. Selbst das sollte Süd nun eigentlich nicht vom Reizen abhalten, aber was? Bei uns kam 5 Coeur, ich halte 4 SA für besser. Das zeigt nicht immer nur die Unterfarben, sondern entweder einen beliebigen Zweifärber aus den 3 Restfarben oder eine Art Informations-Kontra aus allen 3 Farben, die man lieber nicht mit Kontra zeigt. Man stelle sich diese Hand vor: – / KDB10 / KDB10 / KDB109, damit macht man eigentlich immer 10 Stiche mit Fit, aber 4 Pik könnte vom Gegner locker erfüllt werden.

Sollten OW nun nicht mehr stören, dann findet man über das 5 Treff von Nord und ein 5 Karo von Süd (was nun Karo + Coeur zeigt) den besten Fit in Karo. Natürlich sollte Ost weiter stören, denn mit dieser punktschwachen Hand kann man nicht auf Faller beim Gegner, aber viele eigene Stiche in der Offensive hoffen. Selbst gegen 6 Karo wäre 6 Pik noch eine sehr gute Verteidigung und brächte wenigstens 37,5% ein. Bei uns ging es mit 5 Coeur von Süd weiter, die ich auf Ost in 5 Pik überrufen habe, nun hatte Thomas Hof leider die gute Idee noch 6 Coeur zu sagen. Gut, weil Chicane in Gegnerfarbe + Fit + eigene gute Farbe reichen sollten.

Aber auch eine schlechte Idee, weil die 6 Coeur fallen, wenn man Karo-Ass und Karo nach findet, aber so klar ist das leider nicht. Ich habe daher 6 Pik verteidigt, um wenigstens alle zu schlagen, die Vollspiele auf  NS erfüllen. Man fällt halt in 6 Pik X nur für -300, das ist der Par-Kontrakt. Leider ließen viele Paar ohne Gegenwehr 4 Pik erfüllen, dagegen sieht man mit -300 aber so richtig schlecht aus.

Es gab außer den Treffs aber noch viele weitere extreme Hände, einige davon in Schlemmnähe, sagen wir mal. Zum Beispiel die Nr. 10:


Mit dieser Hand hatten viele Paare Probleme. Es ist sicherlich richtig, einen Schlemmversuch zu machen, immerhin hat man mit offenen Karten 17 + 15 FP, dazu 5 FV für diverse Kürzen und den 9. Trumpf. 37 FV heißt aber nicht automatisch, dass ein Großschlemm gehen muss, manchmal geht nicht einmal der Kleine. Hier fehlt die Kontrolle in Karo auf beiden Seiten und keines der 3 Paare im Schlemm hat vorher Kontrollen gereizt, um das herauszufinden.

Wie könnte man das machen? Zum Beispiel mit der Konvention 2 SA Jacoby, da ginge es so (Ost ist Teiler, deshalb so herum und Fett sind alertpflichtige Gebote):
1 Pik                                      
2 SA (Jacoby, ca. 15+ FV, meist 4er-P)   3 SA (ausgeglichen, 15-17 FV)        
4 Treff (Kontrolle in Treff)                                 4 Coeur (Kontrolle in Coeur)
4 Pik (beide haben keine Kontrolle in Karo)

Schwierig ist hier das Gebot 3 SA, weil es für 5-4-2-2 eigentlich kein Systemgebot gibt, 3 SA zeigt normalerweise 5-3-3-2. Ist aber die kleinste Lüge, denn 4 Coeur ist meistens eine 5er-Länge, oder zumindest eine sehr gute 4er-Länge, da ist KBxx zu wenig. Für eine schwache Antwort (4 Pik) ist die Hand sowieso zu stark, für ein sehr starkes 3 Pik, was meist ab 18 FV zeigt, wieder zu dünn. Aber auch ein überzogenes 3 Pik hätte zur gleichen Weiterreizung führen können, damit man den schlechten Schlemm vermeidet.

Man braucht aber keine Konvention, es geht auch völlig natürlich, nämlich so:

1 Pik
2 Karo (11+)                                                                       2 Coeur (5-4) 
3 Pik (Schlemm-Interesse in Pik)                              4 Treff (Kontrolle in Treff)
4 Coeur (Kontrolle in Coeur)                                        4 Pik (keine Kontrolle in Karo)

Vielleicht hilft dies beim nächsten Mal, einen so schlechten Schlemm zu vermeiden.

Es gibt aber auch mal Schlemms, die gehen, und zwar in dieser Hand. Man erkennt schnell, dass 4 Topfiguren bei Nord und 9 Stiche bei Süd für 13 Stiche in Treff oder SA reichen werden. Aber wie teilt man das seinem Partner mit? Was man von Nord braucht sind 2 Asse und 2 Könige, nicht mehr und nicht weniger. Sind keine 2 Könige an Board, dann kann man in 7 Treff noch was mit Hochschnappen oder Ruffing Finesse versuchen, zumindest 7 SA sollte dann nicht mehr die erste Wahl sein.


Wie kommt man nun dahin? Erst einmal sollte Süd die Reizung an sich reißen und den Partner ausfragen, dafür sehe ich 2 gute Möglichkeiten. Natürlich kein 4 SA, was in aller Regel quantitativ ist. Partner wird mit dürftigen 15 FL wohl einfach passen. Nein, es geht besser. Meine Partnerin hatte sich für Gerber entschieden, eine seltene Konvention in Forum-D (wobei ich schon Mecker bekommen habe, dass ich sie meinen fortgeschrittenen Schülern überhaupt aufgeladen habe …). Am besten geht das so:

1 SA                            4 Treff (Ass-Frage ohne Fit)
4 Pik (2 Asse)              5 Treff (Königs-Frage ohne Fit)
5 Pik (2 Könige)         7 SA

Das Gebot 4 SA als mögliche nächste Frage sollte man auslassen, denn wenn 2 Keycards fehlen, sollte man im Paarturnier besser nicht 5 Treff spielen, sondern 4 SA. Es geht aber auch natürlich:

1 SA                                        3 Treff (Partie-Forcing mit Treffs)
3 SA (kein Interesse)              4 Treff (Ass-Frage auf Treff-Basis)
4 Pik (2/5 ohne Dame)           5 Karo (Königs-Frage)
5 SA (2 Könige)                      7 SA

Hier muss man aufpassen, denn nach 4 Pik wären sowohl 4 SA, als auch 5 Treff mögliche Endkontrakte. Daher besser mit einem 5 Karo weiter fragen, das kann nie natürlich und zum Spielen sein. Wir waren das einzige Paar in 7 SA, einmal waren noch 7 Treff und einmal 6 SA dabei, der Rest war niedriger, einige sogar nur in 3 SA mit vielen Überstichen.

Noch ein Hinweis, falls sich jemand wundert. Real-Bridge rechnet für den Sitztisch keine Punkte ein, sondern vergleicht einfach nur die Prozente miteinander, unabhängig von der Anzahl der Boards. Daher ist die Spalte MP eigentlich völlig sinnlos.

Bericht: Thorsten Roth – Sportwart im Bridgeverband Westfalen